Wir schreiben das Jahr 2001, es ist Frühling, es ist morgens, und die Menschen im Café stöbern durch die Tageszeitungen. Im Kampf der Schlagzeilen haben sich wieder einmal die Buchstaben BSE durchgesetzt. Ich schlage eine Zeitung auf, auf der dritten Seite bleibe ich bei "Effi" hängen. Wer ist "Effi"? Ach soo, ein Affe. Ein langer Bericht über eine Liebes- und Hassbeziehung zwischen Mutter und Tochter. Klar, muß man doch kennen, Effi. Das dazugehörige Farbfoto enttäuscht mich so sehr, dass ich die Zeitung gleich wieder beiseite lege.

Menschen im Rampenlicht werden ja häufig nur mit dem Vornamen genannt, Boris, Steffi, Ulli, Mick, Bill. Die können sich alle ein gutes Porträtfoto leisten, und der Fotograf fühlt sich auch noch geehrt. Da muß ich doch gleich mal zu Effi.

An diesem Tag habe ich keine Verpflichtung, mich laust doch... Ich fahr in mein Studio, lache im Auto laut auf über die Idee, in den Zoo zu fahren und mein ganzes Fotostudio gleich mitzunehmen. Das Gesicht von Humphrey Bogart kommt mir in den Sinn, aufgenommen im Studio Hartcourt Paris. Er sieht auch aus wie Effi, nur besser fotografiert, mit viel Absicht. Der Tierpfleger öffnet das Tor, er kommt mit einem etwas verwirrten Marabu hinein. Klapperkopp, sagt der Wärter. Effi war nicht zu haben, was will ich überhaupt, keiner hat hier auf mich gewartet. Der Raum ist mit meiner gesamten Blitzanlage und einem hohlkehlenförmigen grauen Hintergrund vollgestellt. Der ideale Standort für das Modell ist mit einem kleinen Kreuz aus Klebstreifen markiert, über das bislang nur ein überdimensionales Fragezeichen schwebt. Wie damals, im Film über diesen berühmten New Yorker Modefotografen, als er stolz auf seine Mode-Diva wartete, mit seinen sechs Assistenten.


Wir befinden uns im Berliner Zoologischen Garten, dem geographischen Nabel Berlins.

Klapperkopp steht auf dem Diven-Kreuz. Er hat es sofort erkannt. Wild schieße ich ein Foto nach dem anderen, so schnell, daß manchmal nur ein Blitzkopf reagiert. Klapperkopp bäumt sich auf, dreht sich, tanzt, dreht sich wieder, gafft mich an. Zwischen dem Marabu und mir sind es jetzt höchstens noch 25 cm.

Bei Schlampi, dem Nashorn, werden es nur 20 cm gewesen sein, Das Flußpferd Bulette dagegen blieb mir unnahbar (60 cm).


Was will ich eigentlich? Den Namen ein Gesicht geben, sonst nichts.


Danke fürs mitmachen!


Alexander von Reiswitz

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